Paticcasamuppada: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Glossar des Buddhismus
Zur Navigation springen Zur Suche springen
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 55: Zeile 55:


Für die heilsamen (kusala) Karmaformationen kann die Unwissenheit stets nur die Bedingung im Sinne eines 'Anlasses' sein, nie im Sinne des Zusammenentstehens, denn Heilsames kann nie mit Unheilsamem verbunden sein. - Einen direkten Anlaß (pakati-upanissaya) bildet sie, wenn man z.B. aus Ich-Verblendung und Dünkel sich anstrengt, die Vertiefungen zu gewinnen und man diese Vertiefungen und die Erlösung dann wirklich demzufolge erringt. - Einen Anlaß als Objekt (arammanupanissaya) bildet sie, wenn man z.B. über die Verblendung als Objekt nachdenkt und sie dann als die Wurzel alles Leidens erkennt, sich von ihr abwendet und schließlich den Pfad erreicht.
Für die heilsamen (kusala) Karmaformationen kann die Unwissenheit stets nur die Bedingung im Sinne eines 'Anlasses' sein, nie im Sinne des Zusammenentstehens, denn Heilsames kann nie mit Unheilsamem verbunden sein. - Einen direkten Anlaß (pakati-upanissaya) bildet sie, wenn man z.B. aus Ich-Verblendung und Dünkel sich anstrengt, die Vertiefungen zu gewinnen und man diese Vertiefungen und die Erlösung dann wirklich demzufolge erringt. - Einen Anlaß als Objekt (arammanupanissaya) bildet sie, wenn man z.B. über die Verblendung als Objekt nachdenkt und sie dann als die Wurzel alles Leidens erkennt, sich von ihr abwendet und schließlich den Pfad erreicht.
----
II. "Durch die Karmaformationen bedingt ist das Bewußtsein" (sankhara-paccaya vinnanam)besagt, daß die als Karma geltenden heilsamen und unheilsamen Willenstätigkeiten die dem Samen vergleichbare eigentliche Ursache und Hauptbedingung sind für die Wiedergeburt, d.i. für die nach dem Tode im neuen Mutterleibe aufkeimenden Daseinsgruppen, deren Hauptrepräsentant das Bewußtsein ist. Alles karma-gewirkte Bewußtsein, z.B. Sehbewußtsein, aber, ebenso wie alle damit verbundenen Geistesfaktoren, sind moralisch indifferent. Vom Momente der Empfängnis ab funktioniert dieses karma-gewirkte Bewußtsein des im Mutterleibe befindlichen embryonalen Lebewesens.
Mit Beziehung auf die unzutreffende Auffassung von dem Paticcasamuppada als 'einem einzigen karmischen Momente' und der Gleichzeitigkeit der 12 Glieder (Dr. Dahlke), möchte ich besonders hervorheben, daß die hier gegebene Auffassung von der Verteilung der Paticcasamuppada-Formel auf 3 Leben nicht nur von alters her ausnahmslos von allen Schulen des Buddhismus und allen Kommentaren gelehrt wurde, sondern daß sie sich auch durchaus mit den in den Sutten gegebenen Erklärungen deckt. So heißt es z.B. wörtlich in Nidana-Samyutta: "Sind 'Unwissenheit' (1) und Anhaften zur Erlöschung gelangt, so kommt es weder zu karmisch-verdienstvollem, noch unverdienstvollen, noch unerschütterlichen (den Vertiefungen der unkörperlichen Sphäre angehörenden; > [[punna]] 'Karmaformationen' (2), und kein 'Bewußtsein' (3) kann mehr in einem neuen Mutterleibe erscheinen". Ferner: "Würde kein Bewußtsein (3) mehr im Mutterleibe erscheinen, möchte da wohl in diesem Falle das 'Geistige und Körperliche' (4) zur Entfaltung kommen?"
Der Buddha lehrte den P. nicht etwa zum Zwecke spekulativer Geistesgymnastik, sondern eben bloß um zu zeigen, wie es durch die Unwissenheit und Verblendung zu diesem gegenwärtigen Dasein und Leiden gekommen ist, und wie es nach Aufhebung von Unwissenheit und dem dadurch bedingten Begehren und Anhaften zu keiner neuen Wiedergeburt mehr kommt und so der Stillstand des Daseinsprozesses und die Erlöschung alles Leidens verwirklicht wird.
----
III. "Durch Bewußtsein bedingt ist das Geistige und Körperliche" (vinnana-paccaya nama-rupam) besagt also, daß es ohne Bewußtsein keinen geistig-körperlichen Daseinsprozeß geben kann.
Unter dem Geistigen > [[nama]]; ferner > [[cetasika]] nämlich hat man hier zu verstehen die mit diesem Bewußtsein verbundenen karmagezeugten geistigen Phänomene wie Gefühl, Wahrnehmung usw. - Wie es M. 9 heißt: "Als das Geistige gelten (hier) Gefühl, Wahrnehmung, Wille, Bewußtseinseindruck und Aufmerken (vedana, sanna, cetana, phassa, manasi-kara). Als das Körperliche (rupa) gelten die 4 Grundelemente und die davon abhängige Körperlichkeit.«
Dieses Geistige (nama) aber ist stets durch das Bewußtsein bedingt, und zwar im Sinne von Zusammenentstehung (sahajata), Gegenseitigkeit (annamanna-p.), Verbundensein (sampayutta-p.) usw., da die 4 geistigen Daseinsgruppen eben stets zu einer untrennbaren Einheit verbunden sind. - Das Körperliche (rupa) aber ist bloß im Momente der Empfängnis durch Zusammenentstehung des Bewußtseins bedingt. Von da ab aber ist das Bewußtsein für das Körperliche eine Bedingung als Nahrung (ahara), d.h. als Stütze, und ebenso auch eine Bedingung im Sinne des Späterentstehens (pacchajata). Gleichwie der immer wieder aufsteigende Hunger eine Bedingung und Stütze ist für die Ernährung des bereits vorher entstandenen Körpers, so auch ist das Bewußtsein eine Bedingung und Stütze zur Aufrechterhaltung dieses bereits früher entstandenen Körpers. Entstünde nämlich kein Bewußtsein mehr, so hörten die Organe auf zu funktionieren und der Körper würde absterben.
----

Version vom 17. Mai 2020, 10:30 Uhr

Paticcasamuppada *1

Die 'Bedingte Entstehung', ist die Lehre von der Bedingtheit aller das sog. individuelle Dasein ausmachenden körperlichen und geistigen Phänomene. Sie bildet, zusammen mit der Lehre von > anatta, d.i. von der Unpersönlichkeit oder Ichlosigkeit alles Daseins, die unumgängliche Voraussetzung und Vorbedingung zum eigentlichen Verständnis und zur Verwirklichung der ganzen Buddhalehre. Sie zeigt die Bedingtheit und abhängige Natur des mit den konventionellen Namen Ich, Individuum, Mensch, Tier usw. bezeichneten ununterbrochenen Stromes der mannigfaltigen körperlichen und geistigen Daseinsphänomene.

Während die Lehre von anatta analytisch verfährt und das Dasein in seine letzten Bestandteile, in lauter leere, wesenlose Phänomene zerlegt, verfährt die Lehre von der Bedingten Entstehung synthetisch, indem sie zeigt, daß alle diese Phänomene in irgend einem bedingten Verhältnisse, irgend einer Beziehung zu einander stehen. Der gesamte Abhidhamma behandelt, im Allgemeinen gesprochen, eigentlich nichts anderes als eben diese beiden Lehren: Phänomenalität alles Daseins und Bedingtheit aller Daseinsphänomene. Ersteres zeigt Dhamma-sangani, das erste Werk des Abhidhamma; letzteres das Patthana, das letzte sechsbändige Hauptwerk des Abhidhamma. Vgl. Nyanatiloka, Guide through the Abhidhamma-Pitaka, Kandy, 1971.

Obgleich der Paticcasamuppada im Abendland sehr häufig in Wort und Schrift behandelt wurde, so muß doch leider festgestellt werden, daß die weitaus meisten Autoren Sinn und Zweck dieser Lehre von der "Bedingten Entstehung" völlig mißverstanden haben. Selbst die 12 Grundbegriffe in der Bedingtheitsformel wurden z.T. unrichtig wiedergegeben.

Die erste Abhandlung des Verfassers über den Paticcasamuppada in englischer Sprache stammt aus dem Jahre 1934 (Maha-Bodhi Journal, Calcutta); abgedruckt im Guide through the Abhidhamma-Pitaka 1938. Eine allgemein verständliche Darstellung bietet ein im Jahre 1938 gehaltener Vortrag (veröffentlicht durch den Public Trustee of Ceylon, Colombo 1938; wieder abgedruckt in »Fundamentals of Buddhism«, Colombo 1949).

Die Formel der Bedingten Entstehung lautet in Kürze:

Durch (1.) Unwissenheit (avijja) bedingt sind (2.) die Karmaformationen (sankhara), dadurch (3.) das Bewußtsein (vinnana) (im nächsten Leben), dadurch (4.) das Körperliche und Geistige (nama-rupa), dadurch (5.) die sechs Grundlagen (ayatana) der geistigen Vorgänge, dadurch (6.) der Bewußtseinseindruck (phassa), dadurch (7.) das Gefühl (vedana), dadurch (8.) das Begehren, dadurch (9.) das Anhaften (upadana), dadurch (10.) der Werdeprozeß (bhava), durch den (karmischen) Werdeprozeß (11.) die Wiedergeburt (jati), dadurch (12.) Altern und Sterben usw. (jara-marana usw.). In Pali: avijja-paccaya sankhara, sankhara-paccaya vinnanam, vinnana-paccaya nama-rupam usw.

Vergangenheit 1. Unwissenheit avijja

2. Karmaformationen sankhara

Karmaprozeß
5 Ursachen 1. 2. 8. 9. 10.
Gegenwart 3. Bewußtsein vinnana

4. Körperl. u. Geistiges nama-rupa
5. 6 Grundlagen ayatana
6. Bewußtseinseindruck phassa
7. Gefühl vedana

Wiedergeburtsprozeß

5 Wirkungen: 3-7.

Gegenwart 8. Begehren tanha

9. Anhaften upadana
10. Werdeprozeß bhava

Karmaprozeß


5 Ursachen 1. 2. 8. 9. 10.

Zukunft 11. Wiedergeburt jati

12. Altern und Sterben jara-marana

Wiedergeburtsprozeß

5 Wirkungen: 3-7.

Vor einer Lektüre der nachstehenden Erklärung der 11 Sätze der Paticcasamuppada-Formel sei dem Leser empfohlen, zunächst sorgfältig den Artikel über die 24 Abhängigkeitsbedingungen paccaya zu studieren und sich die hauptsächlichsten Bedingungsarten (wie des Anlasses, des Zusammenentstehens, Vorherentstehens usw.) zusammen mit ihrer Bedeutung einzuprägen, da eben zum genauen Verständnis der Bedingten Entstehung die Kenntnis derselben vorausgesetzt werden muß. Da hier nur auf das Wesentlichste eingegangen werden kann, sei zur Ergänzung auf des Verfassers vorerwähnten Vortrag verwiesen; ferner auf den "Guide", Text VII und Anhang, vor allen Dingen aber auf die Übersetzung des Visuddhi-magga (XVII), worin dieser Gegenstand in ausführlicher Weise behandelt wird.


I. "Durch Unwissenheit bedingt sind die Karmaformationen" (avijia-paccaya sankhara).

Dieser Satz besagt, daß alles heilsame und unheilsame Wirken > Karma in Werken, Worten und Gedanken durch Unwissenheit und Verblendung bedingt ist.

Mit Karmaformationen (sankhara) nämlich sind hier die karmisch heilsamen und unheilsamen Willenstätigkeiten > cetana gemeint, kurz gesagt das Karma, oder Wirken, wobei ich ganz ausdrücklich betonen möchte, daß - trotz aller Theosophie und der vielen dadurch irregeleiteten Abendländer - Karma niemals etwas anderes bezeichnet als eben moralisches oder immoralisches Wirken, d.i. die die Ursache zu günstiger oder ungünstiger Wiedergeburt bildenden erwähnten Willenstätigkeiten. Über Nichtwissen oder Verblendung > avijja.

Wieso nun sind die Karmaformationen durch die Unwissenheit bedingt? Was die unheilsamen (akusala), d.i. die mit Verblendung, Gier oder Haß verbundenen Karmaformationen anbetrifft, so sind diese stets und unter allen Umständen durch die gleichzeitig anwesende und untrennbar damit verbundene 'Unwissenheit' bedingt. Daher sagt man, daß die Unwissenheit für die unheilsamen (akusala) Karmaformationen eine Bedingung ist im Sinne des Zusammenentstehens (sahajata-paccaya, > paccaya, des Verbundenseins usw. - Auch als Anlaß (upanissaya-paccaya) mag die Unwissenheit eine Bedingung sein, wenn z.B. die Verblendung einen Menschen veranlaßt, eine üble Tat zu verüben, zu töten, stehlen usw. In diesem Falle ist die Unwissenheit der vorangehende 'direkte Anlaß' (pakati-upanissaya-paccaya) während sie auch als indirekter Anlaß u. zw. als Objekt unseres Denkens, die Bedingung (arammanupanissaya-paccaya) bilden kann, wenn man sich z.B. eines auf Verblendung beruhenden sinnlichen Genusses erinnert und einem beim Nachdenken darüber Begierde oder Verstimmung und Ärger aufsteigt.

Für die heilsamen (kusala) Karmaformationen kann die Unwissenheit stets nur die Bedingung im Sinne eines 'Anlasses' sein, nie im Sinne des Zusammenentstehens, denn Heilsames kann nie mit Unheilsamem verbunden sein. - Einen direkten Anlaß (pakati-upanissaya) bildet sie, wenn man z.B. aus Ich-Verblendung und Dünkel sich anstrengt, die Vertiefungen zu gewinnen und man diese Vertiefungen und die Erlösung dann wirklich demzufolge erringt. - Einen Anlaß als Objekt (arammanupanissaya) bildet sie, wenn man z.B. über die Verblendung als Objekt nachdenkt und sie dann als die Wurzel alles Leidens erkennt, sich von ihr abwendet und schließlich den Pfad erreicht.


II. "Durch die Karmaformationen bedingt ist das Bewußtsein" (sankhara-paccaya vinnanam)besagt, daß die als Karma geltenden heilsamen und unheilsamen Willenstätigkeiten die dem Samen vergleichbare eigentliche Ursache und Hauptbedingung sind für die Wiedergeburt, d.i. für die nach dem Tode im neuen Mutterleibe aufkeimenden Daseinsgruppen, deren Hauptrepräsentant das Bewußtsein ist. Alles karma-gewirkte Bewußtsein, z.B. Sehbewußtsein, aber, ebenso wie alle damit verbundenen Geistesfaktoren, sind moralisch indifferent. Vom Momente der Empfängnis ab funktioniert dieses karma-gewirkte Bewußtsein des im Mutterleibe befindlichen embryonalen Lebewesens.

Mit Beziehung auf die unzutreffende Auffassung von dem Paticcasamuppada als 'einem einzigen karmischen Momente' und der Gleichzeitigkeit der 12 Glieder (Dr. Dahlke), möchte ich besonders hervorheben, daß die hier gegebene Auffassung von der Verteilung der Paticcasamuppada-Formel auf 3 Leben nicht nur von alters her ausnahmslos von allen Schulen des Buddhismus und allen Kommentaren gelehrt wurde, sondern daß sie sich auch durchaus mit den in den Sutten gegebenen Erklärungen deckt. So heißt es z.B. wörtlich in Nidana-Samyutta: "Sind 'Unwissenheit' (1) und Anhaften zur Erlöschung gelangt, so kommt es weder zu karmisch-verdienstvollem, noch unverdienstvollen, noch unerschütterlichen (den Vertiefungen der unkörperlichen Sphäre angehörenden; > punna 'Karmaformationen' (2), und kein 'Bewußtsein' (3) kann mehr in einem neuen Mutterleibe erscheinen". Ferner: "Würde kein Bewußtsein (3) mehr im Mutterleibe erscheinen, möchte da wohl in diesem Falle das 'Geistige und Körperliche' (4) zur Entfaltung kommen?"

Der Buddha lehrte den P. nicht etwa zum Zwecke spekulativer Geistesgymnastik, sondern eben bloß um zu zeigen, wie es durch die Unwissenheit und Verblendung zu diesem gegenwärtigen Dasein und Leiden gekommen ist, und wie es nach Aufhebung von Unwissenheit und dem dadurch bedingten Begehren und Anhaften zu keiner neuen Wiedergeburt mehr kommt und so der Stillstand des Daseinsprozesses und die Erlöschung alles Leidens verwirklicht wird.


III. "Durch Bewußtsein bedingt ist das Geistige und Körperliche" (vinnana-paccaya nama-rupam) besagt also, daß es ohne Bewußtsein keinen geistig-körperlichen Daseinsprozeß geben kann.

Unter dem Geistigen > nama; ferner > cetasika nämlich hat man hier zu verstehen die mit diesem Bewußtsein verbundenen karmagezeugten geistigen Phänomene wie Gefühl, Wahrnehmung usw. - Wie es M. 9 heißt: "Als das Geistige gelten (hier) Gefühl, Wahrnehmung, Wille, Bewußtseinseindruck und Aufmerken (vedana, sanna, cetana, phassa, manasi-kara). Als das Körperliche (rupa) gelten die 4 Grundelemente und die davon abhängige Körperlichkeit.«

Dieses Geistige (nama) aber ist stets durch das Bewußtsein bedingt, und zwar im Sinne von Zusammenentstehung (sahajata), Gegenseitigkeit (annamanna-p.), Verbundensein (sampayutta-p.) usw., da die 4 geistigen Daseinsgruppen eben stets zu einer untrennbaren Einheit verbunden sind. - Das Körperliche (rupa) aber ist bloß im Momente der Empfängnis durch Zusammenentstehung des Bewußtseins bedingt. Von da ab aber ist das Bewußtsein für das Körperliche eine Bedingung als Nahrung (ahara), d.h. als Stütze, und ebenso auch eine Bedingung im Sinne des Späterentstehens (pacchajata). Gleichwie der immer wieder aufsteigende Hunger eine Bedingung und Stütze ist für die Ernährung des bereits vorher entstandenen Körpers, so auch ist das Bewußtsein eine Bedingung und Stütze zur Aufrechterhaltung dieses bereits früher entstandenen Körpers. Entstünde nämlich kein Bewußtsein mehr, so hörten die Organe auf zu funktionieren und der Körper würde absterben.