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Der Zeitraum der Askese

Nachdem der Bodhisatta oder der „Erwachung-Suchende“ (wie er jetzt genannt wurde) Heim und Familie verlassen hat, begibt er sich südwärts nach Magadha (das heutige Bihar), wo kleine Gruppen Suchender, in ruhiger Umgebung, nach spiritueller Erleuchtung strebten, meistens unter der Führung eines Guru. Zu jener Zeit konnte Nordindien stolz sein auf mehrere vollendete Meister, die berühmt für ihre philosophischen Systeme und Errungenschaften in der Meditation waren. Siddattha suchte zwei der hervorragendsten auf, Alara Kalama und Uddaka Ramaputta. Von ihnen lernt er Meditationssysteme, die nach der Beschreibung in den Texten zu urteilen, wohl Vorläufer des Yoga waren. Der Bodhisatta meistert ihre Lehren und Meditationsweisen; doch obwohl er hohe Zustände innerer Sammlung (samadhi) erreicht, findet er diese Lehren ungenügend, weil sie nicht zu dem Ziel führten, das er sucht: die vollkommene Erwachung und die Verwirklichung des Nibbana, die vollkommene Befreiung vom Leiden.

Er verläßt seine Lehrer und verfolgt einen anderen Weg, einen, der im alten Indien verbreitet war und auch heute noch praktiziert wird. Er betritt den Weg der Askese, der Selbstkasteiung, in der Überzeugung, daß Befreiung dadurch zu erlangen sei, daß man dem Körper Schmerzen zufügt, die jenseits von dem liegen, was normalerweise ertragen werden kann.

Sechs Jahre lang versucht es Siddharta mit verschiedenen Techniken – hält etwa den Atem so lange an, bis ihm der Schädel zu platzen scheint. Als aber alles zu nichts führt, wählt er den Hunger.
Immer weniger isst er, immer extremer gestaltet er seine Askese. Zeitweise nimmt er seinen eigenen Kot zu sich, wenn dieser noch nicht gänzlich verdaute Bestandteile enthält: „Gleich dürren, welken Rohrknüppeln wurden meine Gliedmaßen, gleich einem Kamelhuf mein Gesäß und wie eine Kugelkette mein Rückgrat. Wollte ich meine Bauchdecke fühlen, berührte ich mein Rückgrat, denn Bauch und Rückgrat waren durch meine äußerst geringe Nahrungsaufnahme nahe aneinander gekommen.“

Langsam spricht sich in der Gegend herum, dass dort ein Mann im Wald ausharrt, der sich extrem quält. Fünf Wanderasketen finden zu ihm, die ihren Körper gleich ihm martern, um zu höherer Erkenntnis zu gelangen.