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Weiß jemand nicht, wo Ban Nong Waeng liegt?

Ich wußte es auch nicht. Es ist ein kleines, verschlafenes Dorf südlich der Stadt Roi Et.
Erzählung von 1981

Roi Et? Das ist eine Provinzhauptstadt im Nordosten Thailands, im Isaan also, aufregend wie der siebte Stein der dritten Reihe in einem Seitenbau der chinesischen Mauer.

Ban Nong Waeng? Nein, eine Busfahrkarte nach dort gab es nicht, gibt es auch heute noch nicht. 1981, also zu der Zeit dieser Erzählung, ist das Dorf nicht einmal das, was man heute unter einem Dorf versteht. Es ist ein kleiner Flecken inmitten von Feldern, auf denen je nach Jahreszeit Reis oder Tabak angebaut wird. Es gab noch keine …ach, das kommt ja noch später.

Doch dieser Flecken Baan Nong Waeng spielt eine große Rolle in meinem Leben, wurde dort doch vor sechs Jahrzehnten (Anm: also von 2014 zurück) ein Kind geboren, das heute der Mittelpunkt meines Lebens ist. Es ist nämlich zu einer Frau herangewachsen und ist meine Frau geworden, mein Glücksfall. Und eigentlich ungeplant war meine mir ganz frisch angetraute Ehefrau wild entschlossen, mir, dem Deutschen, dieses Nest nahe zubringen. Ich hatte keine Ahnung, was da auf mich zukommen würde. Meine Frau – sie heißt All, aber das ist ihr Nickname, ihr richtiger Name, den kaum jemand kennt, ist Pour – kannte sich natürlich bestens aus. Ihr Onkel war der Besitzer eines kleinen Hotels in Bangkok, und von dort starteten wir dann unseren großen Ausflug nach Nordost-Thailand. Das Taxi besorgte natürlich sie am Straßenrand. Nachdem sie sich während der Fahrt einige Minuten mit dem Taxifahrer gestritten hatte,

(so dachte ich damals), da waren wir schon 10 Minuten unterwegs, steuerte dieser den von ihr genannten Haltepunkt an.

Dort angekommen, musste ich mich auf unseren Koffer setzen, und sie besorgte die Fahrkarten. Das gelang ihr aber erst, nachdem wir wieder ein Taxi bestiegen und nun zum richtigen Busbahnhof gefahren waren. Ich wußte damals nicht einmal, was ein Busbahnhof war, geschweige denn, von welchem wir hätten abfahren müssen.  Aber das hätte sowieso keine Rolle gespielt.

Oh je, eine Thai in Thailand. Heute kennt sie sich in Koblenz wirklich besser aus als ich, aber eben nur in Koblenz. In Thailand bin ich der Guide. Doch zurück. Die sechstündige Busfahrt war keineswegs das, was ich als Vergnügungsfahrt hätte betrachten können. Heute gibt es bequeme VIP-Busse für diese Strecke. Damals nicht. Es war ein enger Bus, ohne Komfort, wenn man den eingebauten Eisschrank, der als Klimaanlage diente, als Komfort ansehen will. Der Fahrpreis war spottbillig, und staunenswerterweise erhielten wir unterwegs in einer Raststätte noch ein opulentes landesübliches Mahl. Ein breites Bett wäre mir sicher lieber gewesen, aber noch konnte man mit einem Bett nicht nach Ban Nong Waeng gelangen. Nicht einmal schlafen konnte ich, denn die Musik aus dem Radio dröhnte so laut, dass sich sogar die Thais beschwerten, aber der Busfahrer bestand darauf, per Radio wachgehalten zu werden. Schliesslich war es ja eine Nachtfahrt.