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Die Wandlung eines Landes oder „Zerstört der Tourismus Paradiese?“

 

Eine der Fragen, die man sich einmal stellen muss, ist die, ob der Tourismus verantwortlich ist dafür, dass Paradiese angeblich aussterben.
Die Relaxbay ca 1980

Ja, Paradiese sterben, und wir alle, die wir reisen, tragen daran mehr oder weniger eine Mitschuld. Aber lassen wir uns deshalb das Recht nehmen, zu reisen, unsere Träume zu verwirklichen von fernen Ländern, Träume, die in meiner Jugend nach Liedern wie “Unter fremden Sternen” von Freddy Quinn oder in Reisebüchern und Reiseberichten entstanden? Ich habe mir die meisten meiner Träume bezüglich Asien verwirklicht, und wenn ich einmal den Löffel übergebe habe ich ein erfülltes Reiseleben gehabt. Ich gestehe, ich mache mir über das Paradies keine übergrossen Gedanken, aber ich bemühe mich, keine Paradiespflänzchen zu zertreten.

Mit der Frage über das Sterben von Paradiesen ist unweigerlich die Frage verbunden, wer denn mehr dazu beiträgt: ist es der Pauschaltourist, oder ist es der Backpacker? Und die Frage, wer zuerst da war ist die gleiche wie bei dem Huhn und dem Ei.

Ich war erst einmal ein Neckermanntourist, denn das war 1969 die einzige Möglichkeit, nach Thailand zu reisen. Ja, es gab sie damals schon, die Backpacker, aber zumeist aus Australien, aus USA. Von Deutschland aus waren die Flüge zu teuer und einer elitären Klasse vorbehalten. Erschwinglich wurden die Flüge, als mehr und mehr der Pauschaltourismus nach Thailand griff, und das dauerte ja nicht sehr lange. Ich habe 1971, bei meiner zweiten Backpackerreise, noch ca 3.000 DM für einen Flug nach Bangkok gezahlt. Ja, und was sind Backpacker? Alle, die mit Rucksack reisen? Ich denke, es spielt auch die innere Einstellung eine Rolle. War ich einer? Ich behaupte ja.

Auch ich habe viele Traumaerlebnisse wegen der Veränderungen, die geschehen sind. Ich habe oft während eines siebenwöchigen Phuket- Aufenthaltes vor der Weiterreise zur Ostküste Malaysias an der Relax Bay gesessen, ein kleines Restaurant war da, ein paar Fischer trafen sich dort. Wir nannten sie Relax-Bay, richtig heißt sie eigentlich Hat Karon Noi. Es war der Fußweg von Karon nach Patong, von den heutigen Auswüchsen weit entfernt. Wir haben zusammen gesessen, frischen gebratenen Fisch gegessen, einander nichts erzählen können, aber gut verstanden.

Jahre später kam ich von der Karon Beach mit dem Moped die Strasse Richtung Patong Beach entlang, in Erwartung eines grandiosen Anblickes auf die geliebte Bucht … und sah die Bucht verbaut durch ein Riesenhotel, das Le Meridien Phuket. Ich ließ Moped und Rucksack fallen, setze mich und weinte, es waren bittere Tränen, der Wut, der Trauer. Aber hatte ich das Recht dazu? Kann man eine Naturschönheit anderen vorenthalten, die halt eben eine andere Art des Reisen bevorzugen? Und wer war zuerst da?

Ich denke, Backpacker auf der Suche nach dem absoluten Individualismus haben vielerorts den Grundstein gelegt für den weiteren Tourismus, waren aber nicht immer zuerst da. Aber jetzt kommt das, was ich meine: nach dem Tourismus kamen im Gefolge die sog. Backpacker, die diese für Pauschaltouristen vorbereitete Infrastruktur nutzen konnten und auch brauchten. Denn sie suchen nicht mehr diesen Individualismus, sonden reden nur davon, dass sie abseits der touristischen Pfade reisen, darauf sind sie stolz. Aber wo ist das denn? Wer abseits der touristischen Pfade reist legt doch nur neue an.

Sorgen machen mir diejenigen, die sich als Individualisten fühlen auf den Fullmoon- und Halfmoonpartys, die stolz darauf sind, dort gewesen zu sein. Und die doch nur zu einer namenlosen ideell uniformierten Masse gehören, die Dreck am Strand hinterlässt und einen faden Geschmack. Und die fragen müssen, ob kiffen zu einem anständigen Backpacker gehört. Und da gehört eben auch meine Meinung dazu, dass die Pauschaltouristen nicht so viel in einem Land kaputt machen können, denn sie bleiben unter Aufsicht auf Pfaden der Vorgänger oder hinter den Mauern der All-inclusive-Clubs. Für sie wird alles schön bereitet, denn das Leben eines Landes würden sie nicht verstehen.

Khao San Road oder Soi Ngam Dupli. Das waren tatsächlich in Bangkok die Treffpunkte derer, die den Anfang gemacht hatten. Und ich glaube, dass sie heute weiter sind, Kambodscha, Vietnam, Borneo. Denn das sind neue Herausforderungen.

Ich fühle mich heute zu alt, um weitere Ziele in Angriff zu nehmen, ausser in Korea und Bhutan war ich auch schon in allen südostasiatischen Ländern. Was soll ich auch dort. Ich könnte nie mehr ein Land so mögen wie Thailand, bin festgebacken, fühle mich manchmal gefangen.

Einmal im Leben möchte ich eine Reise wiederholen: von Kathmandu nach Port Moresby, mit Leuten, wie sie damals dabei waren. Und die ich heute, da bin ich sicher, so oder so ähnlich immer noch auf dem Track finden kann. In der Khao San Road oder in der Soi Ngam Dupli oder vielleicht auch anderswo.

Relax Bay heute mit Hotel LeMeridien
Ich will es nicht beklagen, die alte Zeit nicht glorifizieren, nicht die heutige Zeit verdammen. Das Leben ist Fortschritt, und auch der Baufortschritt der Tourismusindustrie gehört dazu.

Nein, die Zeit kann und will niemand anhalten, und zwei Seiten einer Medaille sehe ich auch.

Aber hat das Ei eine Seite?