Vorbereitung auf den Abschied

Heute kamen ganz plötzlich und unerwartet ganz neue Aufgaben auf mich zu. Zum Einchecken muss ich am Sonntagabend ja am Airport sein, und die Familie hat mit sanftem Druck erreicht, dass wir bereits am Samstag nach Bangkok fahren, um bei dem Neffen Nan noch eine Nacht zu verbringen. Pat hat mir dann heimlich zugetragen, dass Nan eine Party geben will anlässlich seiner Beförderung zum Polizeihauptmann und Ernennung zum Revierleiter irgendwo in Bangkok, das werde ich sicher noch erfahren, wo. Die Beförderung ist zwar schon ein paar Tage her, aber wenn Lung Dogmai dabei ist, feiern wir halt nochmal. OK, ich bin schweren Herzens einverstanden. Schweren Herzens? Ja, denn ich komme mir vor wie ein Fahnenflüchtiger, der sein Haus = sein Schiff, seine Heimat verlässt. Gerade fragt mich die Nachbarin, wie lange noch, und ich sage ihr, dass Samstag das Ende hier sei. Oh je, dann weine ich sicher. Blöde Kuh, ja, ich weine ja schon jetzt !!! Das kommt aber vielleicht auch von der Fliegenspirale unter dem Tisch, die gerade viel Rauch entwickelt, obwohl ich sie jetzt richtig anwende. Werner hat mir verraten, dass das ja eigentlich zwei Spiralen sind, die man erst auseinander zwiebeln muss. Ich hatte mich immer gewundert, warum das Ding qualmt wie ein Schlot und ich dann fluchtartig die Terrasse verlassen muss. Kurze Pause beim Schreiben, denn ich muss mir eine zweite Dose Leo-Bier holen, zum ersten Mal seit ich hier bin, trinke ich mehr als eine, und fünf stehen noch im Kühlschrank, auf Vorrat gekauft für Werner. Aber leider war für ihn keine Gelegenheit zu einem Besuch hier. Dafür kommt die Nachbarin schon wieder und bringt noch eine Bluse für All als Geschenk. Sie ist ebenso hässlich (die Bluse) wie der Ring, den sie schon schenkte, aber ich werde alles brav mitnehmen, denn All muss sich ja telefonisch bedanken, und dann muss sie die Sachen auch beschreiben können. Und beim Abschied drückt sie mir noch eine Visitenkarte in die Hand. Kings Healthy International. Was ist das? Ein Institut zum Abnehmen. Zu spät, liebe Nachbarin, zu spät. Übermorgen gehts nach Bangkok. Pat ist derzeit auch in Korat. Ihre Zeit am AIT (Asian Institute of Technology) ist zu Ende, bis zum Studienbeginn in Japan im August sind jetzt einige Wochen Freizeit. Dort macht sie dann auch ihren Doktor, höchstwahrscheinlich ohne irgendwo abzukupfern. Letzten Samstag gab es noch eine Fortsetzung der Badezimmergeschichte. Nach all den Jahren war der Abfluss vom Waschtisch undicht geworden, und Nang hatte ihren Haushandwerker schon vor drei Wochen beauftragt, das sofort zu reparieren. Heute war dieses sofort dann so weit. Diesem Handwerker habe ich schon dort in ihrem Haus bei der Arbeit zugeschaut und habe gestaunt über die Handhabung der verschiedenen Werkzeuge. Er kann mit einem Schrauber umgehen, aber keine Schraube sitzt wirklich gerade und fest, und so schwant mir nichts Gutes, aber er tut es. Ich bin in der Zwischenzeit mit Pats Auto nach etwas ausserhalb gefahren, wo ein deutscher Wirt ein Restaurant betreibt. Gegen meine Gewohnheit esse ich jetzt zum dritten Mal (oder ist es das vierte Mal?) Nichtthai, aber ich bin ja auch schon länger hier als die letzten Jahre. Der Weg hat sich letztendlich gelohnt, denn das Essen schmeckt ausgezeichnet, und es ist eine Riesenportion. Der Wirt ist auch ein Netter, und wir schwadronieren ein wenig über dies und das und auch über die ansässigen Expats, die er natürlich besser kennt als ich. Als ich nach Hause komme, probiere ich sofort den Abfluss – und leise rieselt das Wasser. Von dicht kann kaum die Rede sein. Aber warum habe ich es nicht selbst gemacht? Nun, erstens, weil ich dann selbst das Material hätte besorgen müssen, und zweitens habe ich vergebens versucht, das Rohr aus der Wand zu kriegen, und ich dachte mir, dass es vielleicht besser sei, jemand anders macht diese blöde Arbeit. Nach kurzem Fühlen merke ich, dass ausser einer Gummidichtung da noch etwas sein muss. Schraube ab, Abfluss angeschaut, klar, die Ursache ist zu sehen: er hat Teile der Verpackung, also Plastiktüte und Papier an der Dichtung gelassen. Das kann nicht dicht sein. Das ist schnell behoben, und nun dichtet er wieder, der Abfluss in meinem so heiss geliebten Duschbadezimmer, ohne welches es mehrere Geschichten in den letzten Jahren nicht gegeben hätte. Und von den Kosten von vierhundert Baht werde ich auch keine Reklamationskosten abziehen. Dafür trinke ich jetzt noch ein Döschen Leo, und nein, nein, das vertrage ich schon, es sind ja kleine Dosen. Ich hole mir noch eine, mal sehen, was draus wird.
 Abschied von der Nachbarin
 Abschied vom Kühlschrank
 Dicht oder nicht, ...
O&D Restaurant