Eine Nachbetrachtung oder was mir so in den Sinn kommt

Es ist noch mehr als eine Woche bis zum Rückflug, aber nach nunmehr achteinhalb Wochen Aufenthalt ist mir klar, dass ich die Reise so nicht wieder machen werde. Da ist zunächst die Tatsache, dass ich alleine bin. Nein, meine Frau hätte ich das nächste Mal gerne dabei. Die Dauer der Reise ist für mich nun in Ordnung, was am Anfang nicht so war. Ich habe länger als je zuvor Zeit für eine Akklimatisierung benötigt, in unserem Haus in Korat hat sich das dann schneller vollzogen. Meine Reisevorbereitung war nicht optimal. Ich habe zwar gut 150 Spielfilme auf Festplatte mitgenommen, davon jedoch bisher 12 angeschaut. Der Lesestoff auf Papier fiel dem Gewichtsproblem bei Flugreisen zum Opfer, hier werden in Zukunft E-Books und Internetzeitungen herhalten müssen. Dazu allerdings benötige ich ein Lesegerät und einen Internetzugang, den ich hier noch nicht habe. Ich habe mich auch nicht so intensiv darum gekümmert, aber die ganze, nicht nur die junge, Familie hier in Thailand kommuniziert via Facebook. Darum werde ich mich also auch kümmern müssen. Ich möchte auch nicht mehr so abhängig sein. Während die Nichte als wichtigster Kontakt früher drei Strassen weiter wohnte, hat sie jetzt ein grosses Haus in einem entfernten Stadtteil bezogen. Das bedeutet also, nicht mal eben auf einen Sprung in die Soi 5 zum Internetzugang, nicht mal eben gucken, was es dort zu Essen gibt, nicht mal eben dorthin eines der Autos ausleihen um mal eben in die Stadt zu fahren, sondern das bedeutet Anruf, abholen lassen, wieder heimbringen lassen. Das Einkaufen wird absolut durch einen neuen Tesco/Lotus- Markt in Gehweite erleichtert, auch das gelegentliche Mittagessen findet dort statt. Doch in die Stadt geht es nur mit dem Song Theaw, die in (neu gemessen) ca 800 bzw. 1200 m Entfernung abfahren, wobei ein Fahrplan nicht ersichtlich ist. D.h. also warten, bis eines kommt. Das gilt auch wieder für die Rückfahrt, und nach Einbruch der Dunkelheit steht man dann halt da. Es gibt neuerdings auch Taxis auf Anruf, aber das System muss man sich erst aufbauen mit ein bis zwei festen Fahrern, denn bis man jedem Fahrer aufs Neue erklärt hat, wo man wohnt vergeht eine schmerzhaft lange Zeit, auch wenn man wie ich eine Visitenkarte in Englisch und Thai hat.
Mehrere Wochen alleine im Haus zu leben macht mir dagegen keinerlei Probleme. Ich bin halt einer, der auch mal eine Stunde auf der Terrasse sitzen und dem Regen zuschauen kann, den Vögeln und Schmetterlingen, ja selbst den Militärjets, die im Überflug und dann im Endanflug über unsere Siedlung donnern. Ich kann mich also sehr gut mit mir beschäftigen, lerne ja auch gerade das Lesen und Schreiben. Auch habe ich mir ja ein Projekt vorgenommen, an dem ich viele Stunden gearbeitet habe dank des Notebooks von Peter. Also Langeweile kam nie auf, und so manches Mittagsschläfchen hat mir ja auch gut getan. Ich verstehe Thailand immer noch ganz gut. Das liegt mit daran, dass meine Freunde und Bekannten ja weitgehend aus dem Umfeld von All stammen, und da wir altermässig nicht so weit auseinander liegen, ist das auch mit diesem Kreis so, denn wir werden ja zusammen gleichmässig älter. Unsere Interessen und Meinungen liegen so weit nicht auseinander, denn Interessen sind ja nicht nationalitäten-, sondern generationenbezogen. Vielleicht haben deshalb ja manche ein Problem mit Thailand, weil das Umfeld der oft viel jüngeren Frau ein anderes Verständnis von Vielem hat als der manchmal ältere Farang-Ehemann. Ich führe viele Gespräche in unserer Siedlung, was mir aufgrund der Sprachkenntnisse ganz gut gelingt, und inzwischen wissen alle Interessierten, dass mein Thai halt eben nicht perfekt ist, und sie passen sich mir an. Von daher habe ich also auch keine Umfeldprobleme. Ja, Thailand ist mein Land, und nein, ich werde nicht darauf verzichten müssen. Das ist meine persönliche positive Bilanz. Die rosarote Brille meiner Anfangszeit in den 70ern habe ich jedenfalls abgelegt, sehe manches klarer als selbst so mancher mehrjährig ansässige Expat, der sich, wie in Foren nachzulesen ist, oft mehr mit seinen Problemen beschäftigt als mit deren Lösung. Es steht nun aber jedem frei, nicht mir mir einer Meinung zu sein, aber da bin ich wie immer stur: das bin ich oder fussballbekannt: mia san mia. Ich bewundere jeden, der sich meine Schreiberei bis zum Ende angetan hat, aber das habe ich ja auch. Sawadee khrab Korat, am 21. Juli 2012 / kharakkada khom 2555