Nachbarschaft und Nachbarskinder

Heute bin ich ein wenig früher wach. Das mag an dem Kindergeschrei liegen, das heute ausnahmsweise früh los geht, die Kleine von der Nachbarin hat schon trotz ihrer erst drei Jahre eine ausgeprägte Stimme, vor allem, wenn sie etwas durchsetzen möchte, und das will sie oft. Und der Bruder mit seinen 5 Jahren ist nicht weniger willensstark, aber sie spielen ganz lieb miteinander. Das Dreirad klappert ebenfalls recht laut und macht den Kindern damit Spass. Und heute ist Freitag, da gehen sie nicht in den Kindergarten, sodass der Tag für mich ein Tag der Kinder werden wird. Da ich in letzter Zeit sowieso recht faul gewesen bin, stehe ich auf und richte das Frühstück. Obwohl meine Kinder ja nicht mehr in Korat sind, habe ich es weiterhin beibehalten, auf der Terrasse (wie ich es nenne, in Wirklichkeit ist es der Hof) zu frühstücken. Während der Kaffee läuft, dusche ich. Wieder ist das Wasser angenehm warm, obwohl ich es ja nicht aufwärme, sondern das besorgt der Wasserhochbehälter der Siedlung. Heute ist es besonders aufgeheizt und ich mache mir schon Sorgen, denn kaltes Wasser habe ich ja nicht zum dazumischen. Aber es wird nicht so, dass ich Angst haben muss, mich zu verbrühen. Es hat ja auch sein Gutes, denn der Wasserdruck würde nicht ausreichen, um einen Warmwasserbereiter zu installieren. Dazu müsste ich erst wieder einen eigenen Druckbehälter mit Pumpe installieren, und das lohnt sich einfach noch nicht für die wenigen Tage im Jahr, an denen wir das ausnutzen könnten. Ich weiss nicht, was der Durchschnittsexpat so zu sich nimmt morgens, mir reichen zwei Scheiben Toast und Kraft Light Philadelphia Streichkäse mit zwei Sorten Marmelade und einer Portion Nutella, welches ich als Diabetiker selbstverständlich garnicht zu mir nehmen darf, und natürlich der Kaffee, von zuhause mitgebracht. Einmal die Woche kaufe ich auch Orangensaft, und dann gibts davon ein Gläschen dazu. Die Kinder schauen gelegentlich über die Mauer, was der Opa Farang da so treibt. Heute habe ich keinen Lutscher für sie, man muss es ja auch nicht übertreiben und zur Gewohnheit werden lassen, das schadet den Beziehungen. Um 10 Uhr macht der Internetshop drei Strassen weiter auf. Eigentlich ist es weniger Internet- als Spieleshop. Bereits jetzt sitzen ein paar Jugendliche vor den PCs. Was machen sie eigentlich um 10 Uhr hier? Gehen sie noch zur Schule oder sollten sie irgendwo arbeiten? Was sie machen jedenfalls ist, mit Leidenschaft unter lauten Kommentaren jemanden virtuell umzubringen. Am Nachmittag werden dann alle 22 PCs besetzt sein, Mädels und Jungs gleichermassen haben dann nichts Anderes zu tun als Figuren nachzujagen, maximal noch Einträge auf Facebook zu machen. Was sind das für Kinder, denen die Bewegung im Freien nicht zu fehlen scheint, und die den direkten Umgang miteinander auf das gegenseitige Ueberbieten mit Punktzahlen ihrer Spiele als Kommunikationsmöglichkeit ansehen? Liebe Nachbarskinder, bitte spielt weiter in Eurem Hof, bezieht mich gerne in Eure Spiele ein, kräftigt die Stimmen und bewegt Euch, geht lieb miteinander um und lernt zu kommunizieren, aber bitte bitte werdet nicht so wie die jetzige PC-Generation. Die Hoffnung bleibt, dass es dann, wenn ihr so weit seid, ja wieder ganz anders ist. Und irgendwie erinnert ihr mich an meine Enkelkinder, die sich auch auf der Strasse austoben, manchmal so lautstark, dass die Nachbarn sich beschweren. Aber man hört sie, wenn sie halt nicht gerade vor dem PC sitzen und Punkten nachjagen oder Einträge in Facebook machen. Nichts, aber auch garnichts erinnert mich dabei, weder hier noch dort, an meine eigene Kindheit, welche sich in der Schule, im Garten und im Wald abspielte, in welcher Indianer und Cowboys noch dargestellt wurden, in welcher richtige Wunden beim Hinfallen noch selbst bluteten und nicht gleich mit Desinfektionsmitteln und Mullbinden verhüllt wurden, das heilte alles von selbst. Ach, meine Gedanken schweifen ab. Warum auch nicht?
 Nachbarkinder
 Nicht hinter Gittern
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